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Annja Krautgasser de


To Live Within One’s Means


6 Deckenplatten mit Sperrholzunterkonstruktion, 204 x 192 cm, 2008, Leihgabe der Deckenplatten: agentur:

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© Ausstellungsansicht Depth of Texture
Gallery Area 53, Wien, 2008


Sich nach der Decke strecken



Wandelemente, Boden- und Deckenplatten als Bestandteile von und als Objekte in Kunsträumen wecken Assoziationen. Sie verweisen sowohl in ihrer Form als auch in der Beschäftigung mit ihren Funktionszusammenhängen auf ein dichtes Netz von Referenzen in der jüngeren Kunstgeschichte: So kommt einem z. B. die Minimal Art in den Sinn, die in ihrer Reduktion auf die Grunddeterminanten räumlicher Erscheinung die Relationen des Umraumes und raumfunktionale Aspekte thematisiert. Oder auch Arbeiten der Institutionskritik der 1970er Jahre, die durch Eingriffe in die glatten Oberflächen des White Cube und durch Offenlegung der ästhetischen, sozialen und vor allen Dingen auch ökonomischen Kontexte die vermeintliche Neutralität des Galerieund Museumsraumes als Mythos entlarvten.

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© Ausstellungsansicht Depth of Texture: Ceiling 1.6, Gallery Area 53, Wien, 2008

Die sechs Deckenplatten an einer Galeriewand in Wien und das ebenfalls dort ausgestellte Foto einer Zimmerdecke, der offensichtlich diese Platten fehlen, wodurch der Blick auf die darunter ansonsten verborgenen Entlüftungsschläuche, Kabelstränge etc. freigegeben wird, erinnern zwar an die oben angeführten kunstgeschichtlichen Bezugspunkte, der Titel der Arbeit, To Live Within One’s Means. Sitting in Amsterdam – Watching a Hole in the Ceiling, lenkt die Gedanken jedoch in eine andere Richtung. Die Deckenplatten fehlen ja eben nicht in der Galerie, sondern an einem anderen Ort, welcher dem Titel nach anscheinend in Amsterdam zu finden ist. Dieser Spur folgend entwickelt sich rasch eine gedankliche Verbindung zwischen dem Galerieraum in Wien und dem anderen Ort sowie in einem zweiten Reflexionsschritt auch zwischen dem hier und gerade jetzt stattfindenden Vorgang der Rezeption und dem der künstlerischen Produktion. Während ich die Deckenplatten und das Foto betrachte, scheint die Künstlerin in Amsterdam „ein Loch in die Decke zu starren“. Durch die imaginierte Parallelität der beiden Vorgänge entsteht eine Verknüpfung des vorliegenden materiell-physischen Substrats eines Raumes mit seinen gesellschaftlichen Herstellungs-, Verwendungs- und Aneignungszusammenhängen. Die abwesende Künstlerin und der/die Betrachter/in treten vermittelt über einen „Platzhalter“ in eine Beziehung, welche auf gesellschaftliche Interaktions- und Handlungsstrukturen verweist – in diesem Fall die Prozesse von Produktion und Rezeption von Kunst(werken).

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© Ceiling 1.1, Ceiling 1.6, Foto auf Spanplatte, 30 x 20 cm, 2008

Das „gleichzeitige“ Schauen auf ein Stück (fehlende) Decke erscheint vor diesem Hintergrund aber auch als ein Hinweis auf eine gemeinsame Autorschaft am Kunstwerk. Studioraum und Ausstellungsraum sowie die damit verbundenen Praxen der Produktion und Rezeption scheinen weit voneinander entfernt – auf den zweiten Blick sind die Tätigkeiten des „Sichnach- der-Decke-Streckens“, des „Löcher-in-die-Decke-Starrens“ und des „Auf-sechs-Deckenplatten-Schauens“ aber doch sehr nah beieinander.
(Sønke Gau)


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Ausstellungen: • Depth of Texture, Gallery Area53, Wien/Vienna, A 2009 • Passing the Past, P///AKT, Amsterdam, NL 2009

Wvnr: 08-007